Die Chipkrise Teil I - Wieso, Weshalb, Warum
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Inhalt
Die Chipkrise hält die Welt in Atem, besonders aber die Automobilindustrie. Produktionen wurden gestoppt, es kam zur Kurzarbeit, Neuwagen können nicht geliefert werden oder erhalten wieder analoge Tachometer, der Preiskampf steigt und auch der Markt für die Wiedervermarktung von Fahrzeugen wird immer kleiner. Wir erklären, was die Chipkrise ist, wie es dazu kommen konnte und ob sie hätte vermieden werden können. Im zweiten Teil gehen wir spezifisch auf Autohandel und Remarketing ein und geben ein paar Tipps für Händler.
Was ist die Chipkrise?
Was im Allgemeinen als Chipkrise bekannt ist, ist strenggenommen eine Halbleiterkrise. Aber was ist ein Halbleiter?
Halbleiter sind die Hauptbestandteile von Mikrochips. Der spezifische elektrische Widerstand von Halbleitern ist stark temperaturabhängig. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt sind sie Isolatoren, bei höheren Temperaturen weisen sie eine elektrische Leitfähigkeit auf. Häufig verwendet wird hierbei Silizium. Halbleiter und Mikrochips sind für die Elektromobilität von großer Bedeutung, im Prinzip werden sie aber in allen modernen Fahrzeugen verwendet. Beispielsweise in Steuergeräten für Antriebe, die Fahr- und Bremsverhalten regeln, oder auch für Airbags und Assistenzsysteme.
Was sind die Ursachen?
Eine derart desolate Situation hat nicht nur einen Grund. Vielmehr geht die Chipkrise zurück auf eine Verkettung von unglücklichen Umständen.
Gesteigerter Bedarf: Kaum ein modernes Auto kommt ohne Mikrochips aus, von Antrieb, Fahrassistenzsysteme, Sensoren, Airbags bis hin zum Tachometer. Ohne Mikrochips kein Fahrvergnügen. Auch der wachsende Markt an Elektroautos trägt zum gesteigerten Bedarf bei. Aber nicht nur die Automobilindustrie braucht mehr Mikrochips: Durch Corona verzeichneten auch Hersteller von PCs, Tablets und Konsolen ein mächtiges Wachstum. Auch dieser Bedarf an Halbleitern muss gedeckt werden.
Corona: Einen nicht unerheblichen Anteil an der Chipkrise haben Corona und der daraus folgende Lockdown. Sowohl die Hersteller, Zulieferer als auch die Chip-Hersteller und Halbleiter-Produzenten waren von der Pandemie betroffen: die Produktion wurde gedrosselt, der Bedarf sank erst einmal und viele Mitarbeiter vielen wegen Quarantäne aus.
Rohstoffknappheit: Die Halbleiter-Produzenten würden natürlich dem gestiegenen Bedarf gern nachkommen, allerdings entsteht ein Nadelöhr bei den Silizium-Gießereien. Denn auch der Nachschub an Silizium stockt. Das mit Abstand wichtigste Produktionsland ist China. Allerdings musste die chinesische Umweltbehörde in den vergangenen Jahren mehrere Gießereien wegen verletzter Umweltschutzauflagen schließen. Auch eine Vorratshaltung von Halbleitern ist schwierig, da sie nur begrenzt haltbar sind.
Brand bei Renesas: Sicherlich keine der ausschlaggebenden Ursachen, aber im März 2021 brannte das Werk des Chip-Herstellers Renesas in der japanischen Stadt Hitachin-Naka. 17 Anlagen waren betroffen und die Produktion stand für mehrere Wochen still.
Welche Auswirkungen hat die Chipkrise auf die Automobilbranche?
Umsatzeinbußen, Lieferverzögerungen, Produktion auf Halde - die Folgen der Chipkrise sind vor allem in der Automobilindustrie eklatant.
Laut Berichten aus dem Spiegel hat die Beratungsgesellschaft PwC errechnet, dass 2021 bis zum Jahresende etwa 11 Millionen Autos weniger produziert und verkauft werden als im Vorjahr – allerdings wird sich das Problem auch ab Neujahr nicht einfach in Luft aufgelöst haben. Inzwischen macht sogar der Begriff “Produktion auf Halde” die Runde. Vor allem Hersteller von Großfahrzeugen und Lastwagen müssen ihre unfertigen Fahrzeuge zwischenparken und später nachrüsten, wenn die Chips verfügbar sind. Die Fahrzeuge sind im Prinzip vorhanden, die Kunden auch – nur die Chips und damit wichtige Teile fehlen. Damit einher gehen auch erhebliche Umsatzeinbußen. Der gesamten Branche dürften laut Schätzungen der Beratungsfirma Alix Partner Einnahmen in Höhe von 210 Milliarden Dollar (179 Milliarden Euro) entgehen.
Doch es geht nicht nur allein um das Nichtverkaufen von neuen Fahrzeugen – denn die Konsequenzen gehen viel weiter: Können Fahrzeuge aufgrund der fehlenden Chips nicht fertiggestellt werden, dann fährt auch die laufende Produktion herunter. Für einige Mitarbeiter heißt das auch wieder: Kurzarbeit wie zu Zeiten des Lockdowns. Auch für diverse Zulieferer hat das Konsequenzen: Können die Fahrzeuge nicht verkauft werden, dann hat das auch Auswirkungen auf Lieferanten. Autohändler von Neuwägen, die ihre Provision beim Bezahlen der Fahrzeuge erhalten, haben eine Durststrecke, wenn neue Fahrzeuge nicht zu haben sind. Autovermietungen, Flottenbetreiber und Leasinghändler halten ihre Fahrzeuge länger als geplant, was mit höheren Instandhaltungskosten einhergeht. Aber auch auf dem Gebrauchtwagenmarkt geht es durch die Verknappung der Fahrzeuge hoch her.
Wie lange wird die Chipkrise anhalten?
Der Bedarf der Automobilindustrie an Chips wird sich durch Elektrifizierung und autonomes Fahren enorm erhöhen. Ähnliches gilt aber auch für andere Industrien – der Bedarf an Halbleitern wird also weiter steigen. Gleichzeitig wird sich die derzeitige Knappheit nicht auf einen Schlag ändern. Eine rasche Lösung ist nicht in Sicht. Ford-Chef Jim Farley gab in einem Interview mit CNBC an, dass er damit rechnet, dass bis Ende 2022 wichtige Elektronikteile fehlen werden. Auch die Analysten der Studie “Global crisis in automotive chip supply” kommen zur Einschätzung, dass das Problem noch weit in das Jahr 2022 reichen wird.
Wie können Chip-Engpässe zukünftig vermieden werden?
Die einzige kurzfristige Lösung für Automobilhersteller wäre Einfluss auf Lieferanten wie TSMC (Taiwan Semiconductor Maufacturing Company) zu nehmen. Der weltweit größte Auftragsfertiger für Chips behandelt derzeit allerdings andere Industrien und Auftraggeber bevorzugt. Die Automobilindustrie müsste hier gezielt Einfluss nehmen, damit ihr Anliegen mehr Beachtung bekäme.
Laut dem Wall Street Journal wollen die Chiphersteller TSMC, Intel und Samsung ihre Kapazitäten deutlich aufstocken. TSMC will sogar 100 Milliarden USD in die Produktionssteigerung investieren. Auch Intel wird 20 Milliarden in den Bau zwei neuer Werke in die Hand nehmen. Samsung stockt mit 151 Milliarden US-Dollar auf, die die nächsten Jahrzehnte in die Halbleiter-Produktion fließen sollen. Langfristig muss sich Europa nach alternativen Bezugsquellen umsehen und seine Abhängigkeit von asiatischen Zulieferern reduzieren. Eine EU-Kommission hat den Start einer europäischen Allianz für Halbleiter und Mikroelektronik verkündet. Es entstehen Chipfabriken beispielsweise in der Nähe von Dresden und im österreichischen Villach.
Was können Autohändler jetzt tun, um mit der Situation besser umgehen zu können? Wir haben Autohaus-Digitalisierer Derek Finke zum Thema Chipkrise, Chancen und Handlungsmöglichkeiten interviewt.